Mit dem Fairphone zum Fair-Trade
In der heutigen Wirtschaft ist Leistung alles was zählt.
Sozial vertretbare Bedingungen treten dabei immer öfter in den
Hintergrund, sei es bezogen auf Lebensmitteln wie Kaffee, der in der
dritten Welt angebaut wird oder auf Rohstoffe, die beispielsweise im
Kongo in oft einsturzgefährdeten Minen von billigem
Arbeitspersonal abgebaut werden. Jeder gesparte Euro
verkörpert ein wenig mehr Gewinn und somit bekommt der
eigentliche Hersteller, der das Geld meist weitaus nötiger
hat, ein viel kleineres Stückchen vom Kuchen ab.
Große Firmen haben dabei nicht immer nur Profit vor den
Augen, sondern meistens auch Aktionäre und andere Teilhaber im
Rücken, denen vielversprechende Renditen für ihr
Kapital zugesagt wurden, welches sie sonst liebend gern bei
Umsatzeinbußen in das nächste Unternehmen stecken
würden.
Auch heutige Smartphones sind an der Ausbeutung der Länder der
Dritten Welt und deren Einwohner nicht unbeteiligt. Viele der rund 30
Metalle und Mineralien werden unter menschenverachtenden
Verhältnissen in Entwicklungsländern, teilweise von
Kindern, untertage geschürft. Der Erlös
stürzt die Bevölkerung noch weiter ins Verderben,
denn er kommt nicht den Arbeitern, sondern einzelnen Personen, wie etwa
Warlords, die das Geld in sinnlosen Bürgerkriegen verheitzen,
zugute. Auch Produktionsstandorte in China1,
Indien und anderen Nationen
geben ihren Angestellten keine adäquaten Löhne und
halten sich auch nicht an westliche, für uns
selbstverständliche, Arbeitsbedingungen für
Mitarbeiter, sodass viele Menschen unter prekären Bedingungen
schuften und nicht selten an daraus resultierenden schweren Gebrechen
leiden.
Ein Weg aus der Krise?
Aufgrund all dieser Kritik, der sich die Mobilfunkhersteller und ihre
Lieferpartner stellen müssen, wurde in den Niederlanden das
soziale Unternehmertum Fairphone gegründet. Dahinter verbirgt
sich die Idee, ein Smartphone zu entwickeln, bei dem weder Produktion,
Vertrieb noch Zulieferung durch Ausbeutung der Mitarbeiter abgewickelt
werden. Letzteres steht dabei im Mittelpunkt, denn den Minenarbeitern,
welche die wertvollen Erze abbauen, geht es in der Regel mit Abstand am
schlechtesten, sodass nur noch Materialien, die zu
Fair-Trade-Konditionen gefördert und erstanden wurden, in die
Produktion eingehen sollen. Wie grauenhaft die Lage dieser Menschen
aussieht, konnten die Mitarbeiter der Firma selbst feststellen, als sie
diverse Minen, in denen ein Großteil der benötigten
Rohstoffe gefördert wird begutachtet haben. Als positiver
Nebeneffekt der Herstellung des neuen Mobilfunktelefons soll eine
Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Menschen erzielt werden. Um
die Kassen der Warlords und Bürgerkriegstreiber nicht weiter
zu füllen, werden die meisten notwendigen Ressourcen aus
zertifizierten Quellen bezogen, bei denen keine Arbeiter an der
Armutsgrenze um ihr Überleben kämpfen und auch die
Umwelt nachhaltig behandelt wird.
Durch Unterstützung der Waag Society hofft die Gesellschaft
noch Ende 2013 ein Telefon zu vermarkten, bei dem nicht der Profit,
sondern soziale Werte im Vordergrund stehen. Transparente Lieferketten
können immer noch nicht garantiert werden und sollen
stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit
gerückt werden, um eine intragenerative Nachhaltigkeit zu
erreichen.
Grenzen des Traums
Leider ist der angestrebte Fair-Trade, dessen ist man sich im
niederländischen Unternehmen bewusst, nicht von heute auf
morgen durchzusetzen, jedoch sollen alle grundlegenden Prinzipien so
gut wie möglich umgesetzt werden. Auch ein noch so nobles Ziel
hat seine ökonomischen Grenzen, an denen es aber trotzdem
nicht scheitern muss. Somit ist zumindest anfänglich das
Fairphone auf einen Produktionsstandort in China2
angewiesen, sonst
ließe sich der angestrebte Preis von knapp 300 Euro nicht
realisieren. Ein Einfluss auf die Produktionsweltmacht und ihre
Arbeitspolitik ist jedoch fast unmöglich. Viele
Non-Profit-Organisationen arbeiten mit dem Unternehmen zusammen und
bringen es technisch wie auch preislich dem Ziel eines erschwinglichen
Smartphones, welches zu 100% fair hergestellt wird, näher.
Technisch neue Wunderwerke oder eine kompakte Zusammenfassung
bisheriger Technologien sind allerdings nicht vorgesehen. Manche
Rohstoffe werden nicht benutzt, da diese nur zur Verkleinerung des
Smartphones von Nutzen sind und durch die unzumutbaren
Umstände ihres Abbaus nicht in Frage kommen. Auftrumpfen kann
das Fairphone aufgrund seiner Form und Gestalt was Reparaturen
betrifft, denn durch seine Konstruktion sollen Schäden leicht
zu beheben und kaputte Einzelteile schnell austauschbar sein. Dadurch
gilt es als recht nachhaltig im Bezug auf seine Lebensdauer, da es im
Gegensatz zu seinen Konkurrenten länger haltbar und schneller
zu reparieren ist.
(K)ein utopisches Ziel
Alles in allem steht dem Unternehmen ein schwieriger Weg bevor, um sein
Smartphone auf dem Markt3 zu integrieren und
dort zu halten. Dies stellt
die Firma jedoch nicht als einzig erklärtes Ziel dar, viel
eher sollen die Konsumenten wach gerüttelt und ihr Interesse
für die komplette Kette der Wertschöpfung von
Telefonen geweckt werden. Nur so kann man die großen Konzerne
dazu bringen etwas an ihren Lieferketten zu ändern um in
Zukunft vielleicht den Traum vom Fair Trade zu verwirklichen.
1 Foxconn ist der Name, unter dem das taiwanische Unternehmen (mit Sitz in Taipeh) Hon Hai Precision Industry Co. Ltd. (youxian gongsi), auf dem Markt für Fertigungsbetriebe für elektronische Produkte auftritt. Foxconn ist einer der größten Hersteller von Elektronik- und Computerteilen weltweit. Seit 1991 ist Foxconn an der Börse notiert (ISIN: US4380902019 WKN: 928182 Symbol: HNHPF).
2 Seit 1993 besitzt das Unternehmen Foxconn Produktionsstandorte auf dem chinesischen Festland, darunter in Shenzhen, Kunshan, Wuhan und Yantai und ist der größte Exporteur Chinas.
In China versucht Foxconn zusammen mit der Elektronik-Fachmarktkette Media-Saturn, die zur Metro AG gehört, auch auf dem Elektronikmarkt ein sicheres Auftreten zu erzielen.
3 Die erste Media-Markt-Filiale in China wurde als Joint Venture der beiden Unternehmen (Media-Saturn-Holding und Foxconn) unter dem Namen Wa De Cheng (Stadt, wo man alles kaufen kann) am 17. November 2010 in Shanghai eröffnet. Mit einer Verkaufsfläche von mehr als 9.500 Quadratmetern, auf fünf Stockwerken, präsentiert sich der Flagship-Store als der zweitgrößte Media Markt der Welt an der berühmten Einkaufsmeile Huai Hai Road [ shop.mediamarkt.cn (Wo you bu sha)].
Media Markt (Huaihai Store), 527 Huaihai Road (M), near Chengdu Nan Lu, Huangpu District, Shanghai 200021, P.R. China (1/F - 6/F Jin Jiang International Shopping Center).