Sprechende Mülltonnen machen Lust auf Sauberkeit
Aktuell sind sie in der Oldenburger Innenstadt zu bewundern:
18 sprechende Mülltonnen stehen an gut sichtbaren Standorten
und bedanken sich artig für eingeworfenen Abfall. Aus schnell
nachwachsendem Bambusholz gefertigt und mit eigener Solarzelle auf dem
Tonnendach sehen sie fast ein bisschen aus wie kleine Roboter, die vom
Raumschiff Entreprise auf die Erde gebeamt wurden. Passiert nun die
leere Coladose oder die ausgelesene Zeitung beim Einwerfen eine
Lichtschranke, so ertönt eine vom Sprachmodul gesteuerte
Stimme und lässt wissen: „Danke – ich
liebe Abfall“ oder auch „Treffer – Abfall
versenkt“. Wahlweise kommen lustige Geräusche wie
Brunnenplatschen, Glockengeläut oder Mostergrollen zum
Einsatz. Das hängt wohl auch ein wenig vom Gusto der
jeweiligen Städtepartner ab, denn Oldenburg ist bereits die
sechste niedersächsische Stadt nach Braunschweig, Hannover,
Osnabrück, Sehnde und Salzgitter, in der die sprechenden
Mülltonnen auf Tour sind.
Initiiert wurde das nachhaltige Projekt vom Hannoveraner Verein Benefiz e.V., der
sich zum Ziel gesetzt hat, ehrenamtliche Ressourcen im Rahmen
bürgerschaftlichen Engagements zu fördern. Die Idee,
sprechende Tonnen in die Innenstädte zu bringen, kam
Projektleiter Lucas von Rosenberg, als er vor einigen Jahren ein
ähnliches Projekt in den USA entdeckte. Bereits in den 60er
Jahren gab es in Schweden im Stockholmer Stadtpark eine vergleichbare
Aktion, bei der immerhin 40% weniger Abfall erzielt werden konnten.
Warum also nicht auch hierzulande? Als Mitförderer und
Geldgeber konnte die niedersächsische Bingostiftung
für Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit gewonnen werden, die
Glückspielabgaben aus Lotterien für nachhaltigen
Zwecke verteilt. Das Prinzip des Sprach-Mülltonnen-Projektes
überzeugte und ist dabei denkbar einfach wie genial. Die
sprechenden Tonnen gehen als Leihgabe an die jeweilige Stadt, die bei
der Umsetzung des Projekts sowie der Partnersuche hilft. Die Partner
sind meist Ladenbesitzer oder Unternehmer, sogenannte
„Tonnenpaten“, die durch die vor ihrem
Geschäft aufgestellten Tonnen auf mehr Aufmerksamkeit und
potentielle Kundschaft hoffen können. Dafür
kümmern sie sich um „ihre“ Tonne,
entleeren sie und verwahren sie nach Geschäftsschluss sicher
über Nacht. In den meisten Fällen beteiligen sich
auch die örtlichen Abfall- und Entsorgungsunternehmen sowie
Bürgerstiftungen an dem Projekt. So ziehen alle an einem
Strang und sparen Kosten für die Straßenreinigung.
Und die Bürger haben ihren Spaß während der
Wochen, in denen es in ihrer Innenstadt nur so tönt und
quasselt.
Ähnliche nachhaltige Projekte mit lautstarken Abfalltonnen gibt es
vereinzelt auch andernorts, so zum Beispiel in Homburg mit der Aktion
„saubere Stadt“, bei der drei sprechende Tonnen mit
Werbefläche durch Sponsoren finanziert wurden. Im Berliner
Mauerpark singen beim Einwurf in die Tonne örtliche
Newcomerbands und in München wird der Einwerfer vor der
Nobeldisco P1 mit Clubmusik aus der Tonne belohnt. Das
niedersächsische Modell jedoch ist insofern bemerkenswert, als
dass es weitaus flächendeckender und somit um einiges
effektiver ist. Ein Vorzeigeobjekt für das Land Niedersachsen,
das sowohl bei den Bürgern, als auch in den Medien
äußerst positiv aufgenommen wurde und hoffentlich
bald in anderen Bundesländern Einzug halten könnte.
Denn die Entsorgung von liegengelassenem Müll in deutschen
Städten verursacht jährlich immense Kosten. Durch die
sprechenden Mülltonnen werden die Bürger nicht nur zu
disziplinierterem Wegwerfverhalten animiert, sondern auch
grundsätzlich mehr Umweltbewusstsein geschaffen. Spezielle
Zielgruppe ist dabei die Jugend, die natürlich an den
sprechenden Mülltonnen ganz besonders viel Spaß
findet. Und so möchte das Projekt auch verstanden werden:
nicht mit Bierernst, sondern durch Humor die kommenden Generationen
für Umweltgedanken zu sensibilisieren. Die Tonnen werden
übrigens auch von Jugendlichen in der gemeinnützigen
Diakonie Jugendwerkstatt Hannover-Ahlem gebaut. Nach Beendigung der
niedersächsischen Städtetour, bei der als
nächste Stationen Wilhelmshaven und Göttingen auf der
Liste stehen, sollen die sprechenden Mülltonnen dann als
Geschenk in Schulen ihren endgültigen Standort finden.